Multitalent Beton
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Kalt, hart und ungemütlich? Von wegen: Beton ist derzeit als Gestaltungsmittel nicht nur im Außen-, sondern selbst im Innenbereich so angesagt wie nie zuvor. Hier zeigen wir Ihnen, was den Beton zu einem derart ästhetischen Werkstoff macht, wie er sich mit vielen anderen Materialien gut verträgt und welche Vorteile er bietet.
Es gibt wohl kaum einen Baustoff, der so vielseitig ist wie der Beton. Das betrifft nicht nur die Funktionalität und die Langlebigkeit, sondern auch den Umweltschutz und vor allem die Gestaltung. Seine etwas grobe, poröse und raue Oberfläche verleiht ihm eine Ästhetik des Ursprünglichen und Unfertigen und die offenporige Struktur sorgt für seine unverwechselbare Haptik. Bereits die alten Phönizier beherrschten vor mehr als 14.000 Jahren die Kunst, aus gebranntem Kalk und Wasser ein Bindemittel für Ziegelsteine herzustellen. Auch wenn die Kunst des Betonbaus mit dem Untergang des römischen Reiches zunächst in Vergessenheit geriet, avancierte Beton seit dem 18. Jahrhundert zu einem der Baustoffe, mit denen sich architektonische Träume verwirklichen ließen.
Zunächst als Baustoff für Brücken und andere technische Bauwerke genutzt, entdeckten Architekten wie Richard Neutra die Vorteile seiner Ästhetik und nutzten sie nicht nur für das Haus selbst, sondern auch für die ästhetische Gestaltung der Innenräume. Wird Beton geschliffen, poliert oder gewachst, werden Optik und Haptik glatt und fein. Ein solch bearbeiteter Beton fühlt sich ebenso schmeichelnd an wie eine Oberfläche aus poliertem Marmor. Werden dem eigentlich hell- bis dunkelgrauen Werkstoff Farbpartikel zugesetzt, changiert er in den gewünschten Farben und wirkt wahlweise kühl oder warm.
Da nach dem letzten Krieg viele Städte Deutschlands in Schutt und Asche lagen, galt es, den Wiederaufbau schnell und effizient zu stemmen. Schließlich mussten viele Menschen wieder mit einem Dach über dem Kopf versorgt werden. Nach der Entwicklung des Transportbetons war kein anderer Baustoff so schnell verfügbar und konnte so effizient verbaut werden. Doch Beton setzte sich nicht nur dank seiner hervorragenden Wirtschaftlichkeit durch, sondern auch wegen seiner gestalterischen Vielfalt und freien Formbarkeit. Leider sorgten die Bausünden und Betonwüsten, wie sie in den 1970er Jahren nicht nur in vielen Vororten, sondern auch in Stadtzentren entstanden, dafür, dass Beton als architektonisches Baumittel ein negatives Image erhielt.
Ab den 1990er Jahren experimentierten die Architekten wieder mit den unterschiedlichen Oberflächen, die der Werkstoff bieten kann, und ließen großartige Bauwerke entstehen. Längst ist aus dem Material, das ursprünglich lediglich aus Zement, Wasser und Zuschlag bestand, ein Hightech-Baustoff entstanden, dessen Eigenschaften sich fast beliebig variieren lassen.
Beton - ein Baustoff mit zahlreichen Einsatzmöglichkeiten
Als die Produktion von Gütern in Europa aus den bisherigen Wohn- und Mischgebieten entweder nach Asien oder in Industrie- und Gewerbegebiete ausgelagert wurde, widmete man alte Fabriken und Industrieanlagen in Wohnraum um. Zu modernen Möbeln passten Geländer aus Stahl, Industrielampen, unverputzte Ziegelwände ebenso wie frei liegende Stahlträger oder grauer Sichtbeton. Der puristisch minimalistische Trend des Industrial Styles fand seine Liebhaber und breitete sich aus. Manch einer, der nicht selbst in einem Industrieloft wohnen konnte, wollte den Industrial Style trotzdem in seiner ganz normalen Wohnung oder seinem Einfamilienhaus nutzen. Sichtbare Leitungen, unbehandelte Wände aus rohem Sichtbeton und hohe Decken sind perfekt und lassen sich mit vielen Einrichtungsstilen kombinieren.
Beton ist minimalistisch – er verzichtet auf Schnörkel und Verzierungen und beschränkt sich auf wenige Nuancen. Je heller der von Ihnen verwendete Beton im Wohnbereich ist, desto luftiger wirkt er. Große Glasfronten lassen viel Licht durch die Räume, die dadurch gleichzeitig großzügig wirken. Mit seinem neutralen Grau benimmt sich der Sichtbeton wie ein Bühnenbild und gibt sämtlichen anderen Accessoires ihren stilvollen Auftritt. Allerdings sollten Sie daran denken, dass Beton nicht nur Vor.-, sondern auch Nachteile hat: Er ist schwer. Da er nass in seine Form gegossen wird, müssen die Wände vorher verhalt werden. Außerdem braucht er genügend Zeit zum Trocknen und hörten, da er andernfalls zur Rissbildung neigt. Soll in einem Altbau eine Wand aus Sichtbeton einziehen, muss zuvor die Statik des Gebäudes überprüft werden.
Beton hat hervorragende Eigenschaften
Beton isoliert und schützt vor Feuer, Lärm und Nässe. Da er aus natürlichen Materialien besteht, ist er nachhaltig und verfügt über eine gute Ökobilanz. Die Kosten für die Herstellung sind im Vergleich mit anderen Baumaterialien gering, daher ist Bauen mit Beton sehr wirtschaftlich. Zudem ist nicht jeder Beton gleich: Er kann hochfest, aber auch wärmedämmend, er kann leichter und schwerer daherkommen. Seine Eigenschaften hängen davon ab, welche Zutaten in ihm verwendet werden. Er lässt sich individuell darauf abstimmen, wo und wie er eingesetzt werden soll. Beton ist offenporig und erhält damit seine unverwechselbare Optik. Allerdings können sich gerade durch diese offenen Poren auch Staub und Schmutz ablagern. Soll das verhindert werden, ist die Oberfläche von Sichtbeton im Wohnbereich speziell zu behandeln.
Damit werden die Poren geschlossen und der Beton widerstandsfähiger, es ändert sich allerdings unter Umständen auch die spezielle Ästhetik, die der Beton bietet. Soll seine rohe Anmutung bleiben, kann der Beton geölt oder gewachst werden. Allerdings muss diese Imprägnierung in regelmäßigen Abständen aufs Neue durchgeführt werden, soll der Beton für alle Zeit gegen Staub und Schmutz gewappnet sein.
Das ist Sichtbeton
Bestehen Bauteile aus Beton und ist dieser sichtbarer Teil der Gestaltung, wird er als Sichtbeton bezeichnet. Da die Bauteile erst verschalt werden müssen, bevor der Beton gegossen wird, erhalten sie ihren typischen Look durch den Kontakt zur Verschalung. Auch wenn sich Sichtbeton in vielen Techniken und Ausprägungen fertigen lässt, wird die Oberfläche durch die Schalung bestimmt. Ist die Schalung aus unbehandelten, sägerauen Holzbrettern, erhält die Oberfläche des Sichtbetons ein anderes Aussehen als bei einer Schalung aus OSB-Platten.
Bevorzugen Sie einen eher hellen oder eher dunkleren Beton? Jeder Farbton hat seine ganz eigene architektonische Wirkung und lässt sich durch die Wahl des Zements oder die Zugabe von Pigmenten beeinflussen. Während eine hellere Oberfläche durch den Einsatz von Kalksteinzement und eine dunkle Oberfläche mit Schieferzement erreicht wird, kann durch weißen Zement ein fast weißer Beton hergestellt werden. Pigmente ermöglichen Tönungen in Ocker, Braun oder Dunkelrot. Sollen sie heller wirken, ist die Verwendung von weißem Zement notwendig, heller Grauzement sorgt dafür für erdige oder gedeckte Töne. Beton kann auch mit farbigen Lasuren behandelt werden – seine typische Oberfläche bleibt bei dieser Behandlung vollständig erhalten.
Alternative Materialien im Beton-Look
Auch wenn nicht jeder Sichtbeton in seiner Wohnung einsetzen kann, lässt sich der Look ganz einfach erreichen. Eine Möglichkeit besteht in der Verwendung von Kalk-, Kalkmarmor- oder Zementputz. Wird ein solcher mineralischer Putz auf der Wand aufgetragen, kann die typische Textur einer Sichtbetonwand entstehen, in der sogar die Schalungsfugen sichtbar sind. In Feuchträumen wie Dusche, Bad oder Küche lässt sich Steinspachtel als Betonersatz nutzen. Da dieser mit natürlichem Harz versetzt ist, werden die Flächen fest und vertragen selbst Feuchtigkeit. Damit Wände oder Decke tatsächlich wie Beton aussehen, sollten Sie einen Fachmann an den Putz lassen. Mit etwas handwerklichem Geschick können Sie jedoch Rollbeton wie Glasfasertapete auf Ihrer Wand anbringen. Für Verkleidungen eignen sich auch Verbundwerkstoffe, die Beton imitieren. Mit fotorealistischen Tapeten können Sie den Betonlook in jedes Zimmer holen und brauchen den Nachteil des Betons – sein hohes Gewicht – nicht in Kauf zu nehmen.
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