Hoch hinaus – Frische Konzepte für den Wohnungsbau in München
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Wohnraum für Jung und Alt ist knapp in der Stadt, daher braucht München dringend frische Konzepte für den Wohnungsbau. Können spektakuläre Wohntürme und sanierte Plattenbauten Abhilfe schaffen? Wohnhochhäuser können eine sehr zeitgemäße Art des Wohnens sein – zumindest tragen interessante Projekte zu einem Imagewandel bei.
Die Wohnungsknappheit hat laut Experten in den letzten Jahren massiv zugenommen und die Situation für Wohnungssuchende wird immer brisanter. Es trifft nicht nur die Geringverdiener, auch Angehörige der Mittelschicht, darunter vor allem junge Familien, können sich das Wohnen in der Isar-Metropole kaum mehr leisten. Städtebauer sind sich einig: Flexible Konzepte müssen her. Und besagte Konzepte sollen, geht es nach der Vorstellung einiger Architekten und Kommunalpolitiker, in die Höhe wachsen. Ein Grund für den massiven Wohnungsmangel sind nämlich die fehlenden Hochhäuser. Aber warum wächst München nicht schon längst in die Höhe und inwieweit könnten mehrstöckige Neubauten der bayerischen Landeshauptstadt zu mehr bezahlbarem Wohnraum verhelfen?
Schon allein der stetig brisanter werdende Wohnraummangel führt dazu, dass das Thema Hochhausbau in Deutschland immer öfter diskutiert wird. Und deutsche Metropolen wie Frankfurt gehen mit gutem Beispiel voran. Bereits Ende der 70er Jahre entstanden in der Bankenmetropole die ersten beeindruckenden Skyscraper, die das Stadtbild Frankfurts bis heute dominieren. Neben dem Gewerbe dienen die nun auch verstärkt dem Wohnraum: Zum kürzlich eröffneten Komplex TaunusTurm gehört ein 70 Meter hohes Wohngebäude, das auch einem Museum Ausstellungsfläche bietet. Wird der Tower 2 umgesetzt, erhält die Main-Metropole Deutschlands höchstes Wohnhaus – mit 160 Metern. Ein bereits umgebauter Büroturm im Frankfurter Lyoner Viertel versucht, zwei Probleme zu mindern: Gewerbeleerstand und Wohnungsknappheit. Da Bauplätze immer rarer werden, setzen mittlerweile mehr und mehr deutsche Metropolen auf den Hochhausbau. Und München? Wie sieht es in der bayerischen Landeshauptstadt mit dem Hochhausbau aus? Immerhin platzt ja gerade unsere schöne Landeshauptstadt förmlich aus allen Nähten. Aber die Stadt scheint die letzten Jahrzehnte mit dem Hochhausbau nicht wirklich warm geworden zu sein.
Ab wann ist ein Gebäude eigentlich ein Hochhaus?
Ein Gebäude kann dann als Hochhaus bezeichnet werden, wenn der Fußboden des obersten Geschosses 22 Meter über der Gebäudekante liegt. Bei der Bevölkerung gilt allerdings jedes Gebäude als Hochhaus, das die um sich liegenden Bauten bei Weitem überragt. Um als Wolkenkratzer bezeichnet zu werden, muss ein Bau allerdings eine Höhe von mindestens 200 Meter erreichen. Ein Hochhaus kann aber weit mehr, als sich durch seine Höhe profilieren. Hochhäuser gelten als Symbol für Macht und Fortschritt. Je höher ein Hochhaus, desto mehr Macht wird ihm zugeschrieben.
Im Jahr 1929 wurde Münchens erstes Hochhaus errichtet. Es befindet sich in der Blumenstraße im beliebten Glockenbachviertel. Und obwohl es in der bayerischen Landeshauptstadt mittlerweile eine Reihe wesentlich beeindruckenderer Wolkenkratzer gibt, wird das auffällige Gebäude im amerikanischen Stil von der Münchner Bevölkerung immer noch als „das Hochhaus“ bezeichnet. Wäre es nach den Stadtplanern gegangen, hätten Anfang der 20er Jahre eine ganze Reihe von weiteren Häusern dieser Art rund um den Altstadtring errichtet werden sollen. Ins Auge gefasst wurden unter anderem die Standorte Sendlinger Tor und Viktualienmarkt.
Doch München sollte sich noch einige Jahrzehnte gedulden müssen, bis das Technische Rathaus Konkurrenz bekam. Erst in der Nachkriegszeit schossen einige Wohntürme in die Höhe, darunter die Siemens-Sternhochhäuser, die Hochhäuser in der Parkstadt Bogenhausen und die Punkthochhäuser im Arabellapark.
Der Hochhausbau an der Isar nimmt Fahrt auf
Bis in die 80er Jahre hinein existierte in München kein Bau, der die Türme der Frauenkirche überragte. So misst auch der 1972 fertiggestellte „BMW-Vierzylinder“ gerade mal 99 Meter. 1981 aber wuchs mit dem HVB Tower im Arabellapark ein Büroturm in den Himmel, der das berüchtigte Gardemaß der Frauenkirche mit 114 Metern bei Weitem übertraf. Wie das Europäische Patentamt an der Isar, das Hertie-Hochhaus in Schwabing und das Arabellahaus wurde auch der HVB Tower von der Münchner Bevölkerung zunächst kritisch beäugt. So erhielt der Tower der Hypo Vereinsbank den spöttischen Namen „Blechkiste“, was die Abneigung der Münchner gegen die Hochbauten von damals deutlich macht. Auch das Uptown-Hochhaus in München-Moosach stieß bei seinem Bau vor etwa 15 Jahren seitens der Stadtverwaltung auf heftige Kritik. Grundtenor der Kritik war, dass der Turm sich in den historischen Rundblick des Nymphenburger Schlossrondells schiebe. 146 Meter misst der Büroturm, der heute unter anderem den Mobilfunkanbieter Telefónica Germany beherbergt. Der Vierkantbolzen, wie das Hochhaus leicht verächtlich genannt wird, war einer der ausschlaggebenden Punkte für Georg Kronawitters Bürgerbegehren im Jahr 2004. Wenn man sich der Landeshauptstadt vom Flughafen her nähert, kann man sie bereits erkennen: Die zwei mit Glas verkleideten Stahltürme der Highlight Towers sind ein wahres Meisterwerk moderner Hochhausarchitektur. Drei Stahlbrücken verbinden die beiden Hochhäuser miteinander, sodass eine Symbiose entsteht, die bisher ihresgleichen sucht. Dank ihrer dreifachen Isolierverglasung herrscht in den Türmen stets ein optimales Raumklima. 2004 wurde das gigantische Bauprojekt fertiggestellt, es beherbergt mittlerweile ein Hotel und mehrere Unternehmen. Tower 1 besticht dabei mit einer Höhe von 126 Metern, Tower 2 ist mit 113 Metern etwas kleiner.
Es war im Jahr 2004, als ein Streit zwischen dem damaligen OB Christian Ude und dem Alt-OB Georg Kronawitter entbrannte. Kern der Zwistigkeit war der Vorschlag des Oberbürgermeisters, die bis dahin bestehende 100-Meter-Regelung von Gebäuden zumindest im äußeren Ring zu kippen. Kronawitter war strikt dagegen und setzte sich mithilfe eines Bürgerentscheids tatsächlich mit seiner Höhenbegrenzung für das gesamte Münchner Stadtgebiet durch. Seitdem gelten die Glockentürme der Münchner Frauenkirche mit einer Höhe von 98,57 Metern als die maximale Bauhöhe für Neubauten.
Wie sieht es aktuell mit dem Hochhausbau in München aus?
Klar, München wächst und wächst, aber auch in die Höhe? Derzeit ist das Thema Hochhausbau wieder in aller Munde, denn der bayerischen Landeshauptstadt droht neues Ungemach, was die maximal zulässige Höhe von Gebäuden betrifft. Der Kern der Auseinandersetzung liegt im Münchner Westen, genauer gesagt auf dem Areal der ehemaligen Postpakethalle. Der Masterplan der verantwortlichen Schweizer Architekten Herzog & de Meuron plant dort unter anderem zwei gigantische Türme mit einer Höhe von 155 Metern. Was nach einer Neuauflage des Münchner Hochhausstreits klingt, soll zukünftig Büros, Hotels und privaten Wohnraum bereitstellen. Insgesamt soll die neu gestaltete Postpakethalle als Location für Kunst-, Sport- und Kulturveranstaltungen dienen. Die beiden Türme sollen je am Anfang und Ende der Halle positioniert werden. Das Hochhaus-Vorhaben der Büschl-Gruppe verdeutlicht, dass sich die Stimmung in München in puncto Hochhäuser langsam zu drehen beginnt. Zwar gibt es massiven Widerstand vonseiten einzelner Bürgerinitiativen, der BA von Neuhausen-Nymphenburg aber sieht dem Bauvorhaben größtenteils positiv entgegen. Der Baubeginn ist für 2024 geplant, ob es wirklich dazu kommen wird, werden die nächsten Monate zeigen.
Frische Konzepte für den Münchner Wohnungsbau
Im Arabellapark soll ein ganz besonderes Hochhaus entstehen. Der geplante Turm soll zwar lediglich 52 Meter messen und ist damit, was seine Dimensionen betrifft, nicht vergleichbar mit dem Bauvorhaben in Neuhausen. Und dennoch sorgen die Baupläne für Aufsehen, denn dieses Hochhaus besticht vor allem durch seine mit vertikalen Gärten begrünte Außenfassade. Neben der optischen Aufwertung des zukünftigen Wohnhauses stehen hier ökologische Effekte wie Sauerstoffproduktion, Reduzierung von Feinstaub und Begrenzung der Überhitzung in den Sommermonaten im Vordergrund. 55 Wohnungen, untergebracht auf 16 Stockwerken, befinden sich aktuell in Planung. Münchens neue Hochhäuser sollen sich architektonisch und ökologisch besser in das vorhandene Stadtbild einfügen, eine Vorgabe, die die Architekten des begrünten Hochhausprojekts vorzüglich umsetzen möchten
Münchens höchste Gebäude
Ist München bereit für weitere Hochhäuser?
Oberbürgermeister Dieter Reiter sagte im Zuge eines Immobilienforums im Jahr 2018: „Ich halte Hochhäuser nicht für gefährlich. Es gibt schon auch Orte in München – gerade entlang der Bahngleise oder am Stadtrand –, wo ich mir gut geplante Ensembles vorstellen kann.“ Andere Stadtverantwortliche sehen neue Hochhausbauten hingegen entlang der Achse zur Messestadt Riem. Experten sind sich aber einig, Hochhäuser alleine können die Wohnungsnot im Münchner Ballungsbereich nicht lösen. Aber vielleicht könnte der Mix aus höheren Gebäuden und einer kontinuierlichen Nachverdichtung das Rezept für bezahlbaren Wohnraum sein. Auch die Umnutzung ehemaliger Büroquartiere könnte die Situation entspannen. Die Münchner CSU jedenfalls steht dem Hochhausbau in der dicht besiedelten Landeshauptstadt positiv gegenüber. Im August wurde vonseiten der Christlich Sozialen daher ein Antragspaket vorgelegt mit der dringlichen Forderung, alle Chancen auf eine dichte und hohe Verbauung auszuschöpfen. Fest steht: Neue spektakuläre Türme richten sich oft nicht an jedermann, sie zielen in der Regel mit dem Argument des Besonderen – bezüglich Lage, Aussicht, Architektur – auf ein gehobenes Preissegment.
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