Leben auf Pump – Die Welt ist nicht genug

Leben auf Pump; Anhänger mit Kühen
Ein unangenehmes Thema, bei dem viele Menschen genervt mit den Augen rollen. ABER: Tiere essen in dem Ausmaß, in dem das Ganze betrieben wird, ist schlecht für die Umwelt und das Klima

Wohnen, essen, reisen – nahezu alles, was wir machen, verbraucht wertvolle Ressourcen. Jahr für Jahr rückt der Zeitpunkt, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht hat, die die Natur im Jahr regenerieren kann, ein kleines bisschen nach vorne und erzielt damit traurige Rekorde. Klingt nicht nur beunruhigend, sondern ist es auch. Höchste Zeit also, um den eigenen Lebens­stil zu hinterfragen und zu verändern

Ob Lebensmittel oder  Kleidung, Ener­gie und Baumaterial oder schlicht die Luft zum Atmen – unser ganzes Leben führen wir in Abhängigkeit von der Natur. Aber wie viel können die Ökosysteme uns zur Verfügung stellen? Und wie viel nutzen wir? Was müssen wir tun, damit alle Menschen auf dieser Erde gut leben können? Bei der Beantwortung dieser Fragen hilft der sogenannte „Ökologische Fußabdruck“. Er dient der globalen Buchhaltung und stellt unseren realen Verbrauch der gegebenen Kapazität an Ressourcen gegenüber. Die Einheit für die Berechnung des ökologischen Fußabdrucks ist die biologisch produktive Fläche – dargestellt in der Maßeinheit „globaler Hektar“ (gha). Das wachsende Umweltbewusstsein ist kein heraufbeschworener grüner Trend, sondern eine wichtige Tatsache. Global betrachtet haben wir Menschen die längs­te Zeit in der Menschheitsgeschichte nur einen Bruchteil der Naturressourcen genutzt, die unsere Erde schadlos zur Verfügung stellen konnte. Seit 1970 wendete sich das Blatt. Seitdem verbraucht die Weltbevölkerung tatsächlich mehr Biokapazität, als die Ökosysteme dauerhaft bereitstellen können. Wir leben bei der Natur auf Pump.

Bildlich gesprochen nutzen wir laut der aktuellen Werte so viel Natur, als hätten wir 1,7 Planeten Erde. Ein Leben auf kleinerem Fuße ist also im Sinne aller durchaus erstrebenswert. Es gibt so viele kleine und große Dinge, die wir tun können, damit sich unsere eigene Klima­bilanz verbessert. Dafür muss nicht immer das Rad neu erfunden werden. Wer sich nur ein paar Dinge zu Herzen nimmt und auch wirklich in seinem Alltag umsetzt, kann seinen CO2-Abdruck minimieren. „Viel hilft viel!“

Leben auf Pump; Ökologischer Fußabdruck

Mobilität

Der Verkehr ist mit der größte Klimasünder. Mit Flugreisen werden innerhalb kurzer Zeit große Mengen an fossilen Treibstoffen verbrannt. Global hat sich der Flugverkehr seit 1990 fast verdreifacht und legt weiterhin Jahr für Jahr um 5 Prozent zu – abgesehen vom Rückgang durch Corona. Weil aber 85 Prozent aller Menschen dieser Erde noch nie in ein Flugzeug gestiegen sind, machen Flugreisen bisher global „nur“ 5 Prozent des menschengemachten Klimaeffekts aus. Das Auto hingegen ist allgegenwärtig. In vielen Fällen sind Autobesitzer auf ihr Fahrzeug angewiesen, wenn sie von A nach B müssen. Doch es gibt viele Pendler, die oft den gleichen Weg haben, aber allein in ihrem KFZ sitzen. Der Hauptgrund für diese fast schon groteske Tatsache ist sicherlich Bequemlichkeit. Auch gibt es weitaus mehr Gelegenheiten, das geliebte Auto mal stehen zu lassen und stattdessen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Vor allem in den Sommermonaten ist das Fahrrad eine ernsthafte und gesundheitsfördernde Alternative zum Auto. Je nach Benzinverbrauch und Entfernung lassen sich im Jahr so mehrere Hundert Kilogramm CO2 einsparen. Auch Mitfahrgelegenheiten und Carsharing sind überzeugende Alternativen mit Sparpotential. Wer auf sein Auto angewiesen ist, könnte den Umstieg auf ein Elektroauto andenken. Die meisten alltäglichen Wege lassen sich mittlerweile locker mit dem Elektromobil bewältigen. In der Metropolregion München tut sich hier einiges. Grundsätzlich lohnt es sich, zwischendurch mal die Fragen zu stellen: Kann ich meine Wege zu Fuß erledigen? Falls nicht, muss ich mich fahrend/fliegend fortbewegen? Welches Fortbewegungsmittel eignet sich für mich am besten? Kann ich auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad umsteigen? Eignet sich für Busi­ness-Reisen der Umstieg auf Bahn oder Bus?

Die Wissenschaftler Mathis Wackernagel und William Rees entwickelten mit der Idee für den Ökologischen Fußabdruck in den 90er Jahren ein solides Buchhaltungssystem für die Umweltressourcen unserer Erde. Auf der Angebotsseite wird gemessen, welche Flächen der Planet hat: Wälder, Felder, Seen, Meere, Wüsten, Weiden, Steppen, Straßen und Städte. Dabei wird auch die unterschiedliche „biologische Produktivität“ der Erdoberfläche berücksichtigt. Das Ergebnis entspricht der Biokapazität der Erde. Auf der Nachfrageseite wird berechnet, wie viel Biokapazität die Menschen nutzen. Energiegewinnung, Bauland, Viehzucht: Jedes Wirtschaften beansprucht Fläche. Auch Abfälle und Abgase muss die Umwelt verarbeiten. Mit dem Ökologischen Fußabdruck kann man Angebot und Nachfrage vergleichen.

Wohnen

Der Ökologie beim Wohnen (und auch der Ökologie beim Bauen) kommt heute eine zentrale Bedeutung zu. Dies vor allem aus zwei Gründen: Zum einen konsumieren der Bau und der Betrieb von Gebäuden viele Ressourcen und große Mengen an Energie. So geht ein immenser Ener­gieverbrauch hierzulande auf das Konto von Heizung und Warmwasser. Eine der leichtesten Übungen in Sachen nachhaltiges Wohnen ist es, Strom zu sparen. Hier setzt ein Blick durch die Wohnung an: Wie viele Geräte laufen auf Standby? Schalten Sie sie nach dem Gebrauch nicht nur ab, sondern trennen Sie Fernseher, Stereoanlage und Co. komplett vom Strom. Ziehen Sie dafür den Stecker oder verwenden Sie Mehrfachsteckdosen mit Netzschalter. Weiter verbrauchen Haushaltsgeräte mit guter Energiebilanz (Geräte mit Energieeffizienzklasse A++ oder besser) deutlich weniger Strom. Diese Geräte sind zwar in der Anschaffung etwas teurer, gleichen das aber in kurzer Zeit durch die Energieeinsparung wieder aus. Weiterhin empfiehlt es sich natürlich, die Heizung mit Verstand zu bedienen und auf eine gute Isolierung der Fenster zu achten. Im Garten können Regentonnen Wasser sparen. Mit zunehmender Wasserknappheit und heißen Sommern wird dieses Thema in diesem Jahr auch wieder stärker in den Fokus rücken.

Ernährung

In Deutschland wird über ein Drittel des durchschnittlichen Öko-Fußabdrucks für Ernährung benötigt. Davon stehen rund 80 Prozent für tierische Lebensmittel. Die industrielle Tierhaltung gehört zu den größten Verursachern der Treibhausemissionen. Im Vergleich zu Obst und Gemüse wird bei der Fleischproduktion um ein Vielfaches mehr an CO2 freigesetzt. Eine fleischlose bzw. fleischarme Essgewohnheit entlastet das Klima pro Jahr um mehrere hundert Kilogramm Kohlenstoffdioxid. Greifen Sie zu regionalen und saisonalen Lebensmitteln. Deren Transportwege sind kurz und es wird weniger Energie verbraucht. Kurze Transportwege entlas­ten auch die Straßen und es gelangen weniger Schadstoffe aus Abgasen an die Luft. Auch die Nährstoffverluste bei einem längeren Transport werden minimiert. 

Leben auf Pump Grafik; Statista
Benötigte Erden, wären die Lebensgewohnheiten weltweit so wie in folgenden Ländern

Besonders klimaschädlich sind Lebensmittel, die mit dem Flugzeug transportiert werden. Saisonale Lebensmittel aus der Region schmecken gut und haben einen höheren Vitamingehalt, da sie voll ausgereift und erntefrisch sind. Saisonal bedeutet Anbau im Freiland. Die CO2-Emissionen sind erheblich geringer als beim Anbau in beheizten Gewächshäusern. Weitere Vorteile: Regional-saisonale Lebensmittel sind aufgrund des hohen Angebots oft günstiger als Importware. Die regionale Wirtschaft wird gestärkt. Der Speiseplan ist abwechslungsreicher, auch wenn das auf den ersten Blick nicht so wirkt. Wir greifen im Jahresverlauf nicht immer zu den gleichen Lebensmitteln, die uns schmecken. Wer bewusst einkauft und plant, was wann gegessen werden soll, muss weniger Lebensmittel wegschmeißen. Allein in Deutschland landen jedes Jahr rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittel ungenutzt im Müll. Ungefähr zwei Drittel dieser Verluste geschehen in privaten Haushalten und rund die Hälfte besteht aus frischem Obst und Gemüse. Ein guter und wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit ist es also, wenn jeder von uns versucht, diese Wegwerfmentalität abzulegen und sein Bewusstsein etwas zu schärfen.
Weniger Fleisch, mehr Obst und Gemüse: Durch gesündere Essgewohnheiten und einen sorgsameren Umgang mit Lebensmitteln könnten in Deutschland und andernorts bis zu 4 Millionen Hektar Acker- und Grünland „eingespart“ werden.

Konsum

Egal ob Kleidung, Smartphones, Bücher oder Möbel – alles, was wir in unserem Alltag benutzen, verbraucht bei der Produktion Energie und Ressourcen. Selbst nachhaltig und fair produzierte Neuwaren kommen nicht ohne Emissionen aus. Deswegen sollten wir uns bei jeder Neuanschaffung fragen, ob es wirklich nötig ist. Vielleicht lässt sich das alte Modell sogar noch reparieren? Letztendlich liegt es an unserem eigenen Konsumverhalten, und die einfachste Art, um den eigenen ökologischen Fußabdruck zu minimieren, ist, weniger und bewusster zu kaufen. Je länger Produkte benutzt werden, desto besser ist auch ihre Ökobilanz. Deswegen ist vor allem Gebrauchtes und Secondhand eine besonders nachhaltige Form des Konsums. Denn es werden keine wertvollen Ressourcen für die Neuproduktion von Ware verbraucht. Und: Ganz nebenbei spart man auch noch bares Geld. Wer weniger neu kauft und eigene Dinge verkauft, tut der Umwelt und seinem Geldbeutel etwas Gutes. Und wer denn hier und da noch verwendbare Produkte vor dem Müllcontainer rettet und verschenkt, ist ein wahrer Held! Achten Sie auch auf Basare in Ihrer Nachbarschaft. Gerade Kinderkleidung, Spielsachen und Co. sind dort häufig fast neuwertig zu bekommen. Beim Kauf von neuwertiger Kleidung sollte man Bioprodukte wählen. Damit trägt man auch automatisch dazu bei, dass Bio-Kleidung in größerer Menge und Vielfalt sowie in besserer Qualität produziert wird. Eine gute Methode, um bei Neuanschaffungen im Haushalt Ressourcen zu schonen: Möbel, Textilien und Wohnaccessoires kaufen, die qualitativ hochwertig und zeitlos im Design sind. Sie sind langlebiger und müssen seltener ersetzt werden.

Fazit

Der eigene ökologische Fußabdruck ist nichts Abstraktes. Wir können ihn direkt beeinflussen und individuell gestalten. Es gibt so viele kleine und große Dinge, die wir tun können, damit sich unsere eigene Klimabilanz verbessert. Wer sich nur ein paar Dinge zu Herzen nimmt und auch wirklich in seinem Alltag umsetzt, kann seinen CO2-Abdruck minimieren. Auch wenn jeder Einzelne in der Verantwortung steht: Gemeinsam können wir so viel erreichen. Je mehr Menschen versuchen, nachhaltiger und ökologischer zu leben, desto größer ist auch die Wirkung. Jeder Mensch hinterlässt eine unterschiedlich große Fußspur. Den Fußabdruck kann man unter footprint-deutschland.de (BUNDjugend), fussabdruck.de (Brot für die Welt) oder footprintcalculator.org (Global Footprint Network) ermitteln lassen und erhält gleichzeitig Tipps, wie sich die „Schuhgröße“ verkleinern lässt. Der gerechte ökologische Fußabdruck liegt laut Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bei 1,9 Hektar.

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